«Eine Fassade sauber zu gliedern, ist genauso schwer, wie eine städtische Struktur zu bilden.»

25 Jahre lehrte Hans Kollhoff Architektur an der ETH Zürich. Er begann als stürmischer Moderner und wurde zum Traditionalisten. Die Geschichte einer Lehre des Widerstands.

Hans Kollhoff kommt im Jahre 1987 als 41-Jähriger an die Eidgenössische Technische Hochchule in Zürich. Damals ist die grosse Zeit der Tessiner Tendenza bereits vorbei und Aldo Rossi längst weg. Als neuer Berliner Architekt mit internationalem Charme und längerer Lehrtätigkeit in Amerika bringt Kollhoff frische und innovative Ideen an die Hochschule. Sein langjähriger Assistent Mike Guyer beschreibt diesen Moment folgendermassen: «Ende der Achtzigerjahre hat Hans Kollhoff an der Schule einem etwas inhaltslosen Modernismus neue Entwurfsmehtoden entgegengesetzt, die mehr Stimmungen und Emotionen vermitteln.» Den Startschuss für sein erstes Semester setzt Kollhoff im Berliner Industriegebiet Moabiet. In dieser Agglomeration entstehen skulpturale Grossprojekte mit städtebaulicher Ausstrahlung. Eine Geste, mit welcher er die Studenten elektrisiert und sämtliche Erwartungen jener Zeit übertrifft.

Schliesslich – um das Jahr 1990 – wandeln sich die weitgehend massstabslosen Objekte der ersten Semester zu Häusern und bekommen Fassaden. Neu finden sich Sockel und Dachabschluss, die Entwürfe verlieren kontinuierlich ihren festen Zukunftsglauben und ordnen sich zunehmend der Vorstellung einer tradierten Architektur ein.

Während die ersten Projekte zunächst noch an frühmoderner Architektur erinnern, verlagern sich die Referenzen zunehmend ins 19. Jahrhundert. Heute bezeichnet Kollhoff Brunelleschi und Palladio als seine Vorbilder: «Alle Architektur kommt von dort her und ihnen kann keiner das Wasser reichen.»

Nach dem Weggang Kollhoffs von Zürich nach Berlin bleibt sein Kurs. Eine Schule für ein seltenes Idiom, dass die Studenten ein Vokabular und eine strenge Grammatik lehrt, obwohl viele Studenten diese enge Sprache nach dem Studium wieder ablegen.