Baumaterialien AG Chur

Büro- und Lagergebäude als solares Kraftwerk

Die Umsetzung der im Firmenleitbild definierten Philosophie des nachhaltigen Bauens zeigt sich im eindrücklichen Büro- und Lagerneubau der Josias Gasser Baumaterialien AG in Chur. Dank der innovativen Zusammenarbeit von Bauherrschaft, Architekten und Ingenieuren wurde ein Solarbau verwirklicht, der ca. 25% des nach SIA zulässigen Gesamtenergiebedarfes von 514 MJ/m2a verbraucht. Mit 13 MJ/m2a zur Deckung des Heizbedarfs wird der SIA-Grenzwert von 325 MJ/m2a sogar um den Faktor 25 unterschritten! Insgesamt produziert dieser Büro- und Verwaltungsbau 132% des Gesamtenergiebedarfes. Die gesamte Energieproduktion erfolgt durch erneuerbare Energieträger (Sonne und Biomasse). Wichtigste Pfeiler des Neubaus sind die passive Solarnutzung und die Materialwahl:

  • Massivbauweise mit Holzkonstruktion kombiniert;
  • Umwandlung der Lichtenergie in Wärmeenergie über Folienisolierglasfenster;
  • Raffinierte Tageslichtnutzung;
  • Regulieren der Luftfeuchtigkeit und Geruchseliminierung über Kalksandstein und Holz;
  • Automatische Ersatzluftanlage;
  • Regenwasserfassung für Toiletten, Autowaschanlage, Reinigung und Garten;
  • Solaranlage für Warmwasser-Aufbereitung sowie Photovoltaikanlage zur Stromproduktion.

Gelungene Umsetzung nachhaltigen Bauens

Als Vorbild der Bauversorgungsbranche wurde das Gewerbehaus in der Kategorie Neubauten mit dem SIA-Preis 99 für nachhaltiges Bauen als «gut gelungener, funktionell und architektonisch sauber gestalteter Neubau» ausgezeichnet.

Der Neubau ersetzt eine 1959/60 erstellte Geschäftsliegenschaft. Die Aufgabe für die Architektengemeinschaft Th. + Th. Domenig, Chur, Andrea Gustav Rüedi sowie die Ingenieure Fanchini & Pérez und Peter Flütsch war es, ein Projekt zu entwickeln, das Ideen zur Optimierung des bestehenden Lagerareals in enger Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft und weiteren Planern beinhaltet.

Mit der auf die ganze Heizperiode hochgerechneten, im ersten Winter gemessenen Energiekennzahl Heizung von 3,5 kWh/m2a liegt der Bürobau weit unter dem Passivhaus-Standard (15 kWh/m2a).

Die ausgezeichnete Erschliessung des Objektes durch öffentliche Verkehrsmittel für Personenund Materialtransporte sowie die von den baulichen Verhältnissen her guten Arbeitsplätze in einer Randregion sind beispielhaft. Die spezielle Seminarinfrastruktur bietet bis 150 Personen Platz und dient nebst internen Schulungen einer breiten Öffentlichkeit für Vorträge sowie als Tagungs-und Seminarort.

Energiekonzept des Verwaltungsgebäudes

Das Volumen des Bürobaus wurde für Planung und Ausführungsplanung dem auf Direktgewinnhäuser spezialisierten Architekturbüro Andrea Gustav Rüedi, Architekt HTL, Chur, Energie-Ingenieur NDS und Baubiologe SIB, übertragen. Der Bürobau sollte grosszügige, möglichst stützenfreie, flexibel nutzbare, helle Räume anbieten und durch seine Ausstrahlung eine moderne Form des Ökobaus für Benutzer und Besucher erfahrbar machen.

Tragwerk: Holz-Beton-Verbund

Mit dem von den Ingenieuren René Fanchini und Placido Pérez gewählten Holz-Beton-Verbund- Tragwerk konnten mittels eines Durchlaufträgers zweimal 10 m stützenfrei überspannt werden. Die Deckenkonstruktion benötigt wenig Armierung und Masse (12 cm Betonaufl age) und ist deshalb grauenergetisch interessant. Sie erreicht durch die Rippung eine grosse Oberfläche zur Sonnenenergieaufnahme, ist akustisch wirksam und bietet einer attraktiven Aufputzinstallation Raum. Die Schalung aus Bündnerholz bleibt von unten sichtbar. Die Wände sind in Kalksandstein Quattroblock-Grossformatsteinen ausgeführt. Im EG betragen die Wandstärken 30 cm, in den beiden Obergeschossen 20 cm (Statik und Speichermasse).

Die thermische Solar-Kompaktanlage wurde im Bündnerland entwickelt und produziert (Firma Hassler alternative Energie GmbH, Zillis).

Sonnenenergienutzung

Grundsätzlich wird das ganze Haus durch das eindringende Sonnenlicht beheizt. Das Bürogebäude speichert die Wärme-Energie für zweieinhalb Schlechtwettertage bei einer Temperaturdifferenz von 3°C. Eine Wiederaufladung der Baumasse (ein gutes Grad pro Schönwettertag) ist im nebelfreien Bündner Rheintal selbst im Dezember und Januar problemlos möglich. Ist die untere Komfortgrenze von zum Beispiel 19°C im Dezember oder Januar erreicht, setzen zwei zusätzliche Holzpellet-Öfen von je 8 kW zur Stabilisierung der Grundtemperatur automatisch ein. Ansonsten ist Sonnenenergie im überfluss vorhanden. Sie wird abgelüftet und durch äussere Verschattung reguliert. Im ersten Winter musste an insgesamt 13 Tagen im Dezember, Januar und Februar nachgeheizt werden. Der gemessene Verbrauch betrug hochgerechnet 3,5 kWh/m2a!

Sonnenbeschattung und Nachtauskühlung

Die sommerliche Beschattung wird zusätzlich durch ein Nachtauskühlsystem (die Fenster öffnen automatisch) und eine grossfl ächige Abluftöffnung über das Dach verstärkt. Selbst bei Tages-Höchsttemperaturen von über 30°C konnte die Innentemperatur zwischen ca. 22°C und maximal 25°C gehalten werden.

Josias Gasser Baumaterialien AG

Die Firma Josias Gasser Baumaterialien AG, Chur, ist ein bedeutender Baustoffhändler in Graubünden. Sie wurde im Jahr 2000 für ihren zukunftsweisenden Büro- und Lagerneubau mit passivsolarer Wärmegewinnung mit dem Schweizer und dem Europäischen Solarpreis ausgezeichnet. Mit einem Gesamtenergiebedarf von bloss 32.8 kWh/m2a (H 4.8, WW 1.4, EL 26.6 kWh/m2a) liegt dieser Bau um Faktor 4.4 unter der SIA-Norm (143 kWh/m2a) und im Heizungsbereich (SIA: 90 kWh/m2a) sogar 19 Mal tiefer! Der 2000 bis 2003 gemessene Gesamtenergiebedarf von 32.8 kWh/m2a weicht nur um 3.6% von den sensationellen Berechnungen im Jahr 1999 (31.6 kWh/m2a) ab! Dieser Bau begründet – dank innovativer Gebäudetechnik – die neue Gebäudegeneration im 21. Jahrhundert: Gebäude, die mehr Energie erzeugen, als sie selbst benötigen. Die solaren Direktgewinne über die Südfassade, die thermische Solaranlage von 4.1 m2 und die 88 kWp-Photovoltaikanlage decken 119% des Gesamtenergiebedarfes des ganzen Büro- und Ausstellungsgebäudes mit rund 30 Arbeitsplätzen. Aufgrund der positiven Erfahrungen in Chur realisierte die Josias Gasser AG in Samedan (1730 m ü.M.) eine ähnliche Bausanierung mit einer 35kW-PV-Anlage, Wärmepumpe und passiver Nutzung. Jos Gasser wird mit dem Best of Schweizer Solarpreis ausgezeichnet.